INPP Praxis für Kinder

 

INPP

Was ist das INPP®?

INPP ist die Abkürzung für „The Institute of Neuro-Physiological Psychology", ansässig in Chester / England.

Seit den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat das INPP unter Leitung von Dr. Peter Blythe (bis 2001) und Sally Goddard Blythe (seit 2001) Auswirkungen frühester Störungen in der Entwicklung des Zentralen Nervensystems auf die weitere kindliche Entwicklung in Bezug auf Bewegung, Wahrnehmung, Verhalten und Lernen erforscht und dabei Restreaktionen frühkindlicher Reflexe, die über ihre eigentliche physiologische Waltezeit hinaus (die ersten Lebensmonate) fortbestehen, als mitverantwortlich an Entwicklungsauffälligkeiten in diesen Bereichen ausgemacht. Das INPP hat daraufhin Testverfahren entwickelt, mit dessen Hilfe auch bei älteren Kindern und Jugendlichen (ebenso wie auch bei Erwachsenen) noch diese unreifen neuromotorischen Muster im jeweiligen Ausprägungsgrad erfasst werden können. Die INPP-Methode zur nachträglichen Ausreifung und Hemmung noch fortbestehender Restreaktionen besteht aus spezifischen Bewegungsübungen, die etwa 1 - 1 ½ Jahre täglich nach qualifizierter Anleitung und regelmäßiger Supervision zu Hause durchgeführt werden müssen. Fortbestehende frühkindliche (primitive) Reflexe als mögliche Ursache von Lern- und Verhaltensproblemen

Mittlerweile weist die Forschungslage zur kindlichen Entwicklung eindeutig darauf hin, dass die Anfänge für Störungen der Wahrnehmung, der Motorik, des Verhaltens und des Lernens bei einem Individuum zu einem recht frühen Zeitpunkt seiner Entwicklung zu suchen sind. Das Stichwort „fötale Programmierung" besagt, dass neben der genetischen Veranlagung die Umstände, unter denen ein Kind die Zeit im Mutterleib verbrachte und die Art und Weise, wie es auf die Welt kam, die weitere Entwicklung eines Kindes entscheidend mitprägen können.

Ein großer Teil der vorgeburtlichen Gehirnentwicklung wird von der auf Hirnstamm- und Rückenmarksebene durch Reflexe gesteuerten Motorik bestimmt. Bei vielen Bewegungen, die eine Mutter im Bauch spürt, handelt es sich um diese primären (ersten) Reflexe „in Aktion". Sie ermöglichen Bewegungen des Babys, bauen dadurch Muskelspannung auf und tragen über die Wahrnehmung der Bewegungen zum Ausbau weiterer Nervenschaltkreise und damit insgesamt zur weiteren Hirnausreifung bei. Sie spielen dann eine zentrale Rolle bei der Geburt in dem Sinne, dass sich das Baby mit Hilfe seiner Reflexbewegungen selber „kooperativ" an seiner eigenen Geburt beteiligen kann, und sichern dann das Überleben des Kindes in der ersten Zeit nach der Geburt.

Quelle: www.inpp.de

Die praktische Vorgehensweise von INPP

Bevor das Kind Bewegungsübungen zum täglichen Training bekommt, bedarf es einer ausführlichen Anamnese, Gespräche und einem umfangreichen Testverfahrens mit dessen Hilfe man auf Reste frühkindlicher Reflexe schließen kann. Eltern, Kind und der neurophysiologische Entwicklungsförderer verbringen viel Zeit miteinander und lernen sich dabei sehr gut kennen.

Als erstes wird ein Gespräch mit den Eltern geführt. Hier haben die Eltern die Möglichkeit, detailliert über den Verlauf der Schwangerschaft, Geburt, die Zeit mit dem neugeborenen Kind und über die weiter Entwicklung bis zum jetzigen Zeitpunkt zu berichten. Ein speziell entwickelter Fragebogen dient bei diesem Gespräch als roter Faden. Wichtig ist nicht nur der Verlauf von Schwangerschaft und Geburt, sondern auch das Befinden des Neugeboren direkt nach der Geburt, mit Geburtsgewicht, gegebenenfalls Sauerstoffunterversorgung, intensivmedizinischer Versorgung, Schädelverformung bei der Geburt, Gelbsucht, oder auch Probleme beim Stillen oder Füttern.  Insbesondere ist die Kindheit bis zum Eintritt in die Schule von großem Interesse. Verzögerungen in der Bewegung, Grob- Feinmotorik, Erkrankungen, eventuell mit hohem Fieber, oder sogar Fieberkrämpfen, insbesondere in den ersten 1 ½ Jahren, Sprachentwicklung, Impfreaktionen oder auch Bettnässen werden in der Gesamtbetrachtung des Kindes berücksichtigt und mit einbezogen.

Nach diesem Gespräch wird der Fragebogen ausgewertet. Finden sich hier Anhaltspunkte, die auf eine neuromotorische Unreife auf Grund von fortbestehenden frühkindlichen Reflexen hinweisen, wird ein zweiter Termin für eine umfassende Überprüfung des Entwicklungstandes des Kindes vereinbart. Weil das Kind am Morgen noch ausgeruht und voller Energie ist, eignet sich diese Zeit besonders gut für den ca.3 Stunden langen Test. Am besten trägt das Kind leichte Sportkleidung mit kurzen Hosen, sodass die Knie unbedeckt sind und beobachtet werden können. Der Test umfasst den fein- und grobmotorischen Bereich, den Gleichgewichtssinn, Bewegungsmuster, wie z.B. das Krabbeln oder Hüpfen, die verschiedenen frühkindlichen, primitiven Reflexe, aber auch Halte- und Stellreaktionen, Amphibien-, Roll-, Landau- und Babinski Reflex, Überprüfung der Lateralität, rechts-, links, oder auch überkreuz, sowie die Augenmuskelfunktionen.

Der erste Teil des Testes besteht aus körperlichen Übungen, während sich der zweite Teil, auf das Abzeichnen, Malen und Schreiben konzentriert. Hier werden unter anderem Auge-Handkoordination, Griffweise des Stiftes, visuelle Wahrnehmung und Schriftbild beobachtet und bewertet. Zumindest ein Elternteil ist bei der Testung anwesend.

Die Übungen werden ausgewertet, und es findet ein weitere Termin, möglichst mit beiden Elternteilen, aber ohne Kind, statt. Hier bespricht man mit den Eltern das Ergebnis jeden einzelnen Tests, damit die Eltern genau und detailliert informiert sind und insbesondere wissen, wie ihr Kind die einzelnen Tests bewältigt hat, welche Reflexe oder Auffälligkeiten bei der Testung zu beobachten waren. Jeder Test, jede Beobachtung wird nochmals auf der Basis des INPP bewertet und besprochen. Diese intensive Bearbeitung der Testergebnisse ist äußerst wichtig, um den Eltern nochmals aufzuzeigen, worauf Aktionen und Reaktionen ihrer Kinder möglicherweise zurückzuführen sind. Ziel ist es, die Eltern für das Verhalten ihrer Kinder kenntnisreich zu sensibilisieren. Mit diesem zusätzlichen Verständnis für das Kind fällt der alltägliche Umgang miteinander in der Familie oft leichter.

Nach diesem erklärenden Gespräch mit den Eltern findet erneut ein Termin mit dem Kind statt. Hier werden nun Eltern und Kind mit dem Übungsprogramm vertraut gemacht. Es ist wichtig, die Übungen genau zu erklären und einzuüben. Das alltägliche häusliche Programm beginnt.  Ca. 1 ½ Jahre muss das Kind nun möglichst jeden Tag 5 bis 15 Minuten trainieren.

Individuell auf das Kind bezogene und gemäß des Befundes abgestimmte Übungen werden zusammengestellt, die jeweils über einen bestimmt Zeitraum, meist ca. 8 Wochen und länger, durchgeführt werden sollten. Erst wenn die einzelne Übung langsam und präzise durchgeführt werden kann, wird sie durch den neurophysiologische Entwicklungsförderer von einer weiterführenden Übung abgelöst. Erst dieser lange Zeitraum wird es dem Gehirn ermöglichen, das Bewegungsmuster abzuspeichern. Manche Übungen beziehen sich auf die embryonale oder fötale Zeit im Mutterleib, andere auf die Geburtsphase, wiederum Weitere auf die nachgeburtliche Zeit, in welcher die primitiven Reflexe langsam gehemmt werden und durch Kopf- und Stellbewegungen abgelöst werden. Daher finden einige der Übungen auf einem Stuhl statt, was die Zeit im Mutterleib simulieren soll, andere auf dem Rücken liegend, dann auf dem Bauch, oder später im Vierfüßer-Stand.

 In die Übungen wird der sogenannte "Touch Count" eingearbeitet. Er ermöglicht den Kindern über die Berührung des Körpers ihre gesamte Aufmerksamkeit zu erhöhen. Fünf Berührungen erfolgen überkreuz und in unterschiedlicher Intensität. Das Kind zählt laut mit geschlossenen Augen mit.

(Bilaterale Integration)

Mutter, Vater oder auch beide Elternteile werden so in das Training eingebunden und so zu sicheren Trainern für ihre Kinder. Anfangs sollte ein Elternteil die Übungen stets begleiten, beobachten und korrigieren. Ältere Jugendliche können später die Übungen ggf. auch alleine durchführen. Nach 6 bis 8 Wochen findet dann die erste Wiedervorstellung statt. Eltern und Kind berichten ihre Erfahrungen. Der neurophysiologische Entwicklungsförderer überprüft die Durchführung der Übungen, testet erneut die behandelten Reflexe und Bereiche und entscheidet dann, ob und mit welcher neuen Übung des Programms fortgefahren wird. Nach dieser erneuten Vorstellung trifft man sich alle 8 Wochen mit Eltern und Kind. Stets werden die entsprechenden Bereiche erneut getestet und das Bewegungsprogramm angepasst. Nach ca. 1 ½ Jahren sollten keine Restreaktionen mehr zu beobachten sein.

Der Moro-Reflex

Der erste frühkindliche Reflexe ist der Furchtlähmungsreflex, so zu sagen die frühe Form des Moro- Reflexes, da der Moro-Reflex den Furchtlähmungsreflex ablöst. Nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen ist dieser bereits in der 9.SSW vorhanden. Bei Berührung der Mundregion, der Handflächen und später auch des ganzen Körpers zieht sich der Embryo vom Stimulus zurück. Bildet sich der Furchtlähmungsreflex, im englischen auch FPR (Fear Paralysis Reflex) genannt, nicht ausreichend zurück, kann er die Entwicklung des heranwachsenden Kindes negativ beeinflussen. Der Moro-Reflex ist nach dem Arzt Dr. Ernst Moro (1918) benannt. Vielen Eltern ist dieser Reflex von den Entwicklungsstanduntersuchungen beim Kinderarzt bekannt. Der Kinderarzt senkt plötzlich den Kopf des Babys unter die Ebene der Wirbelsäule, das Kind breitet vor Schreck die Arme aus, die Augen weiten sich und man hört deutliches Einatmen. Direkt im Anschluss schließen sich die Arme um den Körper, das Kind atmet aus, und oft fängt es an zu weinen.

Wie bereits erwähnt, ist er schon in der frühesten Schwangerschaft präsent. Im Mutterleib sorgt er dafür, dass sich die Muskulatur des Embryos bildet und kräftigt. Er verhindert, dass sich die Nabelschnur um den Hals des Kindes wickelt und er ermöglicht unter anderem, dass die Lunge des Babys sich nach der Geburt mit Luft füllen kann und somit der Anstoß zur Ein- und Ausatmung gegeben ist. Er wird durch plötzliche Reize, wie zum Beispiel laute Geräusche, grelles Licht, Änderung des Gleichgewichts, aber auch durch Schmerz, Temperaturveränderung oder plötzliche, unerwartete, heftige Berührungen ausgelöst. Für das Neugeborene ist dieses eine wichtige Reaktion um sich vor bedrohlichen Situationen zu schützen und sich für seine Umwelt bemerkbar zu machen. Nach 2 bis 4 Lebensmonaten sollte der Moro Reflex vollständig integriert sein, weil er für die weitere Entwicklung nicht mehr benötigt wird. Der Säugling sollte dann in der Lage sein, bei plötzlichen Eindrücken zwar auch aufzuschrecken, aber sich bereits aktiv zur Gefahrenquelle hinzuorientieren. Es sollte jetzt dazu fähig sein, bewusst seine Wahrnehmung einzusetzen.

Aber was passiert, wenn der "Moro" in einem gewissen Maße präsent bleibt? Genau dann kann er die Entwicklung des Kindes sehr stark negativ beeinflussen. Das Kind befindet sich dabei stets auf der Schwelle zur Kampf- und/oder Fluchtreaktion.

Der Furchtlähmungsreflex (FPR) zeigt sich bei Kindern durch eine extreme Schüchternheit und Ängstlichkeit. In Stresssituation haben sie meist keine Möglichkeit, sich zu artikulieren. Sie bekommen, im wahrsten Sinne des Wortes, keinen Ton heraus. Das Kind kann in eine regelrechte Erstarrung fallen. Oft sieht man ihnen ihre Zurückgezogenheit bereits an. Die Körperhaltung ist schlaff, das Gesicht blass und der Körper wirkt stets "frierend". Nicht nur das Gemüt ist hypersensibel. Die Kinder weinen schnell und strahlen ihre Unsicherheit aus. Gerüche, Hitze oder Kälte, Licht, Lärm, Menschenmengen, jeder Faktor für sich, aber auch in Kombination, kann ein Eindruck sein, welcher das Kind verunsichert, in Alarmbereitschaft versetzt und überreagieren lässt. Durch diese extreme Anspannung, kann das Kind nicht mehr richtig atmen. Es verfällt in die flache Brustatmung, was wiederum zur Folge hat, dass das Gehirn nicht richtig mit Sauerstoff versorgt wird. Denk- und Lernvorgänge werden erschwert.

Um sich selber zu schützen, kann das Kind mitunter Geräusche einfach ausblenden. Insbesondere Laute, die ähnlich klingen, werden überhört oder können nicht unterschieden werden. Dazu gehören die Buchstaben S und F, B / P - T/D - K/G. Diese werden dann einfach verwechselt, weil sie nicht richtig gehört werden. Schickt man die Kinder zum Hörtest, fällt dieser meist gut aus, da sie sich hier nicht in einer Stresssituation befinden. Es sind oft jene Kinder, denen selbst ein normaler Geräuschpegel in der Klasse noch zu hoch ist, oder zu laut vorkommt.

Im Sportunterricht fallen sie durch ihr fehlendes Gleichgewichts- und Koordinationsvermögen auf. Ein zugeworfener Ball ist ein extremer visueller Reiz und wird somit mit Gefahr gleichgesetzt. Das Kind schreckt zurück und ist dadurch nicht oder nur verzögert in der Lage, den Ball aufzufangen, extreme Schüchternheit und Ängstlichkeit, Sprachlos / Erstarrung in Stresssituationen, Schlaffe, frierende Körperhaltung, Schreckhaft, Blasses Gesicht, Hypersensibel, Gerüche-, Hitze- oder Kälte-, Licht-, Lärm- Empfindlich, Menschenmengen verunsichern, Ähnliche Buchstaben wie S und F, B / P - T/D - K/G werden verwechselt, Fehlendes Gleichgewichts- und Koordinationsvermögen.

Ganz anders dagegen zeigt sich ein Kind, bei dem der Moro-Reflex weiter präsent ist. Diese Kinder sind im Gegenteil zu den FPR Kindern eher draufgängerisch, laut und auffällig. Da Kinder mit einer Restreaktion des "Moro" oft, auf der einen Seite, sehr perfektionistisch und ehrgeizig sind, zudem an sich selber hohe Ansprüche stellen, auf der anderen Seite jedoch überreagieren, können sie selten mit Kritik, Stress, Wettbewerb und gehobenen Anforderungen umgehen. Es folgt Unsicherheit, Frustration und Ärger bis hin zur Schulverweigerung. Um sich in dieser, aus seiner Sicht, unberechenbaren Welt einigermaßen sicher zu fühlen, neigt das "Moro-Kind" dazu, Situationen zu kontrollieren und zu beherrschen. Es will gerne "das Sagen haben" und bestimmen, was gespielt wird. Von anderen Kindern wird diese Verhaltensweise oft sehr negativ empfunden.

Durch den damit einhergehenden ständigen Anstieg der Hormone Adrenalin und Cortisol wird die Immunabwehr geschwächt. Die Kinder zeigen häufig eine gesteigerte Infekt-Anfälligkeit, insbesondere der Haut, der Nasenschleimhaut und der Bronchien, was zu Asthma und Allergien führen kann. Tatsächlich hat man bei einer Vielzahl von sogenannten ADS-Kindern (Kinder mit einem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom) eine Restreaktion des "Moro" feststellen können. Draufgängerisch, laut und auffällig, Perfektionistisch und ehrgeizig, Stellt hohe Ansprüche an sich, Reagieren über, der Situation nicht angemessen, Kritik, Stress, Wettbewerb werden schlecht oder nicht ertragen, Unsicherheit, Kontrollieren und beherrschen von Situationen, Infekt-Anfälligkeit, Asthma und Allergien, ADS / ADHS.

Tonischen Labyrinth Reflex (TLR)

Dieser differenziert sich in den TLR-vorwärts und den TLR-rückwärts. Er wird über die Kopfstellung nach vorne oder nach hinten über die Wirbelsäule hinweg ausgelöst. Der TLR-vorwärts bildet sich bereits im Mutterleib. Liegt der Kopf nach vorne auf der Brust, rollt sich das Baby embryonal zusammen und geht dabei in die Beugehaltung. Der TLR-rückwärts entsteht während der Geburt. Geht der Kopf nach hinten über die Wirbelsäule hinaus, streckt sich der gesamte Körper.

Bei der Geburt soll er in beide Richtungen voll entwickelt sein, weil er ebenso wie der ATNR maßgeblich dazu beiträgt, dass das Baby den Geburtskanal bewältigen kann. In den ersten Lebenswochen kann das Neugeborene nur mit Hilfe des TLR der Schwerkraft entgegenwirken. Auch dieser Reflex kräftigt den gesamten Muskelapparat und sorgt für einen entsprechenden Muskeltonus. Nach 4 Monaten sollte der TLR-vorwärts integriert sein. Dann beginnt das Baby den Kopf kontrolliert zu bewegen.

Der TLR-rückwärts kann bis zum 3. Lebensjahr präsent sein. Er wird schrittweise gehemmt, so dass sich ebenso schrittweise die so genannten Halte- und Streckreaktionen entwickeln können. Diese Schritte der Hemmung/Entwicklung sind zum Beispiel das Kriechen, dann das Krabbeln, auf die hoch Knie ziehen, Hochziehen mit Festhalten, Laufen mit Festhalten links und rechtsherum und schließlich das freie Laufen. Ist der TLR nicht abgebaut, kann das Kind nicht mühelos krabbeln. Denn jedes Mal, wenn es den Kopf nach hinten über die Wirbelsäule hinaus hebt, strecken sich die Beine.

Erst durch die kontrollierte Kopfhaltung gegen die Schwerkraft kann das Baby sein Gleichgewicht finden. Dann kann es auch krabbeln. Insbesondere beim Krabbeln kann sich die richtige Sehschärfe entwickeln, und das Baby lernt die Hand-Augenkoordination zu beherrschen. Aus dieser Entwicklungsphase bildet sich der Vestibulo-okulare Reflexbogen. Dieser ermöglicht dem Baby, dass sich seine Augen reflexartig genauso schnell bewegen wie der Kopf und zwar in die entgegengesetzte Richtung. Durch die Entwicklung des Vestibuo-okularen Reflexbogens bekommt das Baby das Instrument für eine sichere Einschätzung von Raum, Entfernung, Tiefe und Geschwindigkeit. 

Wird der TLR nicht vollständig gehemmt, wird er das Gleichgewicht des Kindes stören. Das zeigt sich in erster Linie in der Körperhaltung. Beim TLR vorwärts kann man einen krummen Rücken sowohl im Stehen als auch im Sitzen beobachten. Das führt zu einem eher hypotonen Erscheinungsbild, beim TLR rückwärts hingegen zu einer übermäßigen Spannung und somit zu einer hypertonen Körperhaltung.

Wenn die Kinder sich insbesondere in der Schule darauf konzentrieren sollen, einigermaßen gerade zu sitzen, können sie nicht ihre ungeteilte Aufmerksamkeit auf das Lerngeschehen richten. Hinzu kommt die Problematik, dass die Sehschärfe sich im Wechsel von Nah nach Fern zögernd einstellt, was folglich das Abschreiben von der Tafel erschwert und meist nur langsam möglich ist. Darüber hinaus zeigt sich die unzureichende Koordination zwischen Auge und Hand. Schließlich machen sich noch die Orientierungsprobleme im Raum und damit verbunden eine Hörverarbeitungsschwäche bemerkbar. Die Kinder können die Richtung, aus welcher die Worte gesprochen werden, nicht orten. Mit dem TLR geht demzufolge auch oft eine Rechen- und/ oder Rechtschreibschwäche einher.

•    Störungen im Gleichgewicht

•    Gekrümmte oder überstreckte Haltung

•    Schwierigkeiten von der Tafel abzuschreiben

•    Orientierungsprobleme

•    Hörverarbeitungsschwäche

•    Koordination zwischen Augen und Hand erschwert

•    Rechen- und/ oder Rechtschreibschwäche


Symmetrisch Tonischer Nackenreflex (STNR).

Er entsteht zur Mitte der Schwangerschaft in der 20.SSW. Ebenso wie der ATNR und der TLR ist er bei der Geburt vorhanden und ist ebenfalls für das Durchqueren des Geburtskanals von Nöten. Eventuell soll er sogar dem Neugeborenen ermöglichen, sich über den Bauch der Mutter zur Brust zu bewegen. Nach der Geburt verschwindet dieser Reflex, um dann im 9. Monat wieder für etwa 2 Monate präsent zu sein. Beugt das Kind im Vierfüßerstand den Kopf Richtung Brust, beugen sich die Arme mit und die Beine strecken sich. Hebt es den Kopf nach hinten über die Wirbelsäule hinaus strecken sich die Arme und die Beine beugen sich, eine Position, in der manche Kinder bis ca. zum 3. Lebensjahr auch schlafen.

Dieser Reflex bildet ein wichtiges Stadium zwischen der Bauchlage und dem Krabbeln. Er hilft dem Kind, sich gegen die Schwerkraft auf Hände und Knie aufzurichten. Außerdem wird vermutet, dass er die Akkommodation des Auges trainiert. Hebt das Kind den Kopf, wird die Fernsicht geschult, senkt es den Kopf, die Nahsicht. Um jedoch vorwärts zu kommen, muss der Oberkörper unabhängig vom Unterkörper agieren können, was bei bestehenden STNR erschwert ist. Es scheint, als würde das Hin- und Herschaukeln des Kleinkindes vor der Krabbelphase den STNR hemmen. Gelingt das nicht, kann oft das Phänomen des "Po Rutschens" beobachtet werden, oder auch des sogenannten "Bärengangs". Dass das Krabbeln für die weitere Entwicklung von größter Bedeutung ist, wurde bereits bei der Erklärung des ATNR und der Lateralitätsbildung ausgeführt. Durch das Krabbeln werden zum ersten Mal die eigene Wahrnehmung, der Gleichgewichtssinn und das visuelle und auditive System miteinander verbunden. Zum ersten Mal arbeiten sie zusammen.

Die Augen müssen die Mittellinie kreuzen um nach links und rechts und auf die Hände zu schauen. Die Auge-Hand-Koordination beginnt zu reifen, denn nur mit einer ausgereiften Koordination ist es später möglich, über die Seitenmitte hinaus problemlos zu lesen, oder auch einen Stift mit der Hand zu führen und mit den Augen zu verfolgen. Interessanter Weise entspricht der Abstand zwischen Augen und Hand beim Krabbeln genau der Entfernung, in welcher später das Lesen und Schreiben stattfindet. In wissenschaftlichen Untersuchungen hat man herausgefunden, dass in Gruppen von Kindern mit Lese- und/oder Rechtschreibschwächen auffällig viele Kinder waren, die überhaupt nicht gekrabbelt sind.

1996 haben die Professorinnen O´Dell und Cook am Bender-Institut festgestellt, dass es einen deutlichen Zusammenhang zwischen fortbestehendem STNR und ADS, sowohl mit als auch ohne Hyperaktivität gibt. Miriam Bender, eine Ergotherapeutin, verglich in den siebziger Jahren eine Gruppe von Kindern mit Lernschwierigkeiten und Konzentrationsstörungen mit einer Gruppe ohne Lernschwierigkeiten und fand heraus, dass aus der ersten Gruppe bei drei von vier Kindern der STNR nicht vollständig gehemmt war. Sie entwickelte daraufhin eine Anzahl gezielter Bewegungsübungen, um den STNR gezielt zu hemmen. Mit der Hemmung des Reflexes als Folge von bestimmten Bewegungsübungen verbesserte sich das Schreiben und Lesen. Interessant hierbei war auch, dass die Kinder mündlich weit bessere Leistungen zeigten als schriftlich. Zu ähnlichen Erkenntnissen gelangte 2000 auch Sally Goddard-Blythe. Sie überprüfte 54 Kinder mit der Diagnose Legasthenie und fand bei 73% der Kinder Reste des STNR oder ATNR.

Betroffene Kinder fallen meist durch ihre schlechte Haltung sowohl im Stehen als auch im Sitzen auf. Da es ihnen Schwierigkeiten bereitet, Ober- und Unterkörper voneinander getrennt zu bewegen, flegeln sie sich auf ihren Stühlen. Beim Schreiben liegt der Kopf auf der Tischplatte, die Beine werden auf den Stuhl genommen und angezogen, da es sich für sie als äußerst schwierig erweist, bei einer gebeugten Hüfthaltung ebenfalls die Ellenbogen zu beugen, denn diese wollen so wie der Oberkörper in die Streckung gehen. Bei anderen Kindern beobachtet man, dass sie die Beine um die Stuhlbeine schlingen um dadurch einen festen Halt zu bekommen. Das Abschreiben von der Tafel stellt eine extreme Herausforderung an diese Kinder dar, da sich der Kopf ständig heben und senken muss und damit durch die Macht des Reflexes sich auch Arme und Beine ständig beugen und strecken. Die Kinder brauchen außerordentlich viel Energie, diesen Reflex zu bändigen und haben daher nur bedingte Reserven zur Verfügung, sich auf die Tafel und den Unterrichtsstoff zu konzentrieren. Trotz dieser Bemühungen wirken sie unruhig.

Auch das Schwimmen erlernen die Kinder nur mit Schwierigkeiten, weil sie den Körper nicht auf einer Ebene halten können. Unter Wasser fällt es ihnen jedoch leichter, weil das Wasser ihren Körper unterstützt. Das fällt besonders beim Brustschwimmen auf. Eine typische Haltung der Kinder, welche den STNR nicht integriert haben, ist der sogenannte W-Sitz. Das Kind sitzt zwischen den Beinen und hat die Beine links und rechts abgeknickt.

 •    schlechte Haltung

•    Ziehen im Sitzen die Beine auf den Stuhl oder um die Stuhlbeine geschlungen

•    Kopf liegt beim Schreiben auf der Tischplatte

•    Schwimmen wird nur mit Schwierigkeiten erlernt

•    Schwimmt unter Wasser

•    W-Sitz

Fortbestehen frühkindlicher (primitive) Reflexe

als mögliche Ursache von Problemen im Bereich der Wahrnehmung, der Motorik, der Lateralität, des Verhaltens und des Lernens.  Kommt es nicht zur problemlosen Ausreifung / Hemmung und Integration der frühkindlichen Reflexe, so kann die Entwicklung des Kindes zwar weiter voranschreiten, jedoch auf wackeligen Beinen. Die Auswirkungen ziehen sich durch das ganze Leben, mehr oder weniger kompensiert.  In solchen Fällen spricht das INPP von einer neurologischen Entwicklungsverzögerung, die an fortwirkenden Resten frühkindlicher Reflexe erkennbar ist.  Viele Störungsbilder erklären sich somit als Folge fortwirkender Restreaktionen der primitiven Reflexe.

Im Babyalter

•    Unruhe, Schlafprobleme, häufiges Schreien,

•    auffällig ruhiges, bewegungsarmes Baby, KISS

•    Muskulärer Hypertonus (stark angespannt) oder Hypotonus (schlaffe Muskeln)

•    Auffälligkeiten beim Einhalten des durchschnittlichen "Zeitplans" der motorischen Entwicklung, d.h., zu frühes oder zu spätes Erreichen bestimmter Bewegungsmuster wie Kopfheben, Unterarmstütz, Umdrehen, Kriechen, rabbeln, Sitzen und Stehen

•    Auffälligkeiten bei der Art und Weise der Bewegungsmuster wie Rollen, Poporutschen, Bärengang

•    notwendige physiotherapeutische Behandlung

•    spätes Sprechen sinntragender Lautverbindungen und Wörter

Im Kindergartenalter

•    Probleme beim Anziehen (z.B. zuknöpfen, aber auch Hosen anziehen)

•    Sprachprobleme (geringer Wortschatz, nicht korrekte Sätze und Grammatik)

•    Sprechprobleme (lispeln, nuscheln, sabbern, Anstoßen der Zunge)

•    Hörprobleme bei bestimmten tiefen oder auch hohen Tönen (Buchstaben)

•    schnelle Stimmungsumschwünge

•    Überängstlichkeit oder "Klammereffekt", Höhenangst

•    sehr wagemutig, Furchtlosigkeit

•    gelegentliches Bettnässen.

•    Ungeschicklichkeit und Tollpatschigkeit

•    Allergieanfälligkeit oder häufiges Kranksein

•    Reiseübelkeit

•    Auffälligkeiten beim Schwimmen (Kopf mehr unter als über dem Wasser, "Scherenschlag" mit den Beinen

•    Gleichgewichtsprobleme u.a. beim Fahrradfahren

Im Schulalter

•    Leicht ablenkbar oder unkonzentriert

•    Geübtes und Gelerntes wird schnell wieder vergessen

•    Zappelt auf seinem Stuhl herum, kann nur mit Mühe still und aufrecht sitzen

•    Aufgabenwerden nur sehr langsam bewältigt

•    Schwierigkeiten eine logische Abfolge zu ordnen.

•    Unterscheidung von links und rechts schwierig

•    Erlernen der Zeigeruhr und zeitliches orientieren problematisch

•    Buchstabenwerden beim Lesen und Schreiben verdreht

•    Fehler beim Abschreiben von der Tafel oder aus dem Buch.

•    Verkrampfte Stifthaltung.

•    Schwierigkeiten beim Rechnen, Zahlendreher

•    Undeutliche Aussprache

•    Vorlesen mühevoll, ausdruckslos und monoton

•    Haltungsfehler, z.B. Rundrücken, Skoliose

•    KISS / KIDD